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Klingendes Klassentreffen

  • Autorenbild: Krissy Dorn
    Krissy Dorn
  • vor 4 Tagen
  • 3 Min. Lesezeit

“Closer Than Ever” kommt ohne dramatische Handlung aus, dafür aber sehr warmherzig daher

Kritik von Elisabeth Einecke-Klövekorn in Bonner Generalanzeiger, 05.07.2025


Ein Klassentreffen nach 25 Jahren. Vier alte Freunde aus der High-School-Zeit haben sich versammelt im kleinen Apartment ihrer frisch geschiedenen ehemaligen

Mitschülerin. Im Hintergrund an Wäscheleinen geklammert sind die Fotos von einstigen Freundinnen und Freunden. Geliebten und Verflossenen. Man schwelgt in Erinnerungen, sinniert über das Leben und die Liebe, Vergangenheit und Zukunft. Es gibt keine dramatische Handlung in der Revue „Closer Than Ever, die 1989 in New York herauskam und als bestes Off-Broadway-Musical ausgezeichnet wurde. Der Komponist David Shire, bekannt durch zahlreiche Filmmusiken (u.a. „Saturday Night Fever“) und der Textdichter Richard Maltby Jr. (u.a. Verfasser der Songs des Musicals „Ain’t Misbehavin‘“), beide Jahrgang 1937 und seit ihrer Studienzeit befreundet, feierten 1977 bereits einen großen Erfolg mit ihrer Show „Starting Here, Starting Now“. Mit dieser Revue war das in den Niederlanden beheimatete Jewel Box Musical Theater, das sich die Wiederentdeckung verborgener Schätze des amerikanischen Musicals zur Aufgabe gemacht hat, bereits im Sommer 2024 im Kleinen Theater zu Gast. Nun präsentiert die kleine Truppe hier bis Ende Juli ihre heiter-melancholischen Einblicke in das Gefühlsleben der Generation irgendwo in der Mitte des Daseins.

Die 4 Klassenkameraden (von links nach rechts): John Rinaldi, Krissy Dorn, Merel Zeeman, Mariano Skroce.  Foto: Patric Prager
Die 4 Klassenkameraden (von links nach rechts): John Rinaldi, Krissy Dorn, Merel Zeeman, Mariano Skroce. Foto: Patric Prager

Gespielt wird in der Regie von Heike Werntgen das englische Original. Unter der musikalischen Leitung von Frans Heemskerk singen die vier namenlosen Protagonisten von Nähe und Entfremdung, Familienglück und -unglück, romantischen Träumen und Beziehungskrisen, alten Sorgen und neuen Ängsten. Es sind unspektakuläre Alltagstypen, Paare und Singles, in alltäglichen Situation. Jedes der 24 Lieder erzählt eine kleine Geschichte von Leidenschaft, Eifersucht, Trennungsschmerz, Lust, Leid, Empörung und Neubeginn. Wer passt heute auf das Kind auf, und was geschieht, wenn der eigene Vater wieder zum Kind wird? Kann man befreundet bleiben, wenn das Ende einer Liebe als Nachricht auf dem Smartphone erscheint? Welche Abenteuer versprechen die Dating-Apps?

Gleich im ersten Song „Doors“ fragen sich die Akteure, was sich wohl hinter all den verschlossenen Türen verbirgt und welche sich zu welchen neuen Aussichten öffnen wird. Sehr witzig parodiert das Quartett die schrullige ehemalige Biologielehrerin. Merel Zeeman hat einen herrlich komischen Auftritt als brave Sekretärin Miss Byrd mit geheimen Ausschweifungen in den Mittagspausen. Krissy Dorn ist die charmante Gastgeberin, die ihre Freunde nicht nur mit geistigen Getränken in bunten Bechern versorgt, sondern auch Mut zu neuen Wegen macht. John Rinaldi ist einfach ein „good guy“, der trotz aller Enttäuschungen nie aufgibt. Ganz neu im Ensemble ist Mariano Skroce, der seine alte Gitarre mitgebracht hat und endlich begreift, dass das Heute mehr ist als nur die Summe der Vergangenheit. Alle zusammen nehmen den modernen Fitness-Wahn auf die Schippe und machen sich bereit für den „March of Time“. Sorgsam am Piano begleitet werden sie dabei von Maarten Helsloot.

Am Ende ist klar: Ihr Jubiläumstreffen war zwar klein und nicht so ausgelassen wie erwartet, aber sie sind sich gegenseitig näher gekommen als je zuvor. „Closer Than Ever“ eben. Das übertrug sich bei der Premiere am Donnerstag auf der lauschigen Außenbühne auch auf das Publikum. Nach rund zweieinhalb Stunden (inkl. Pause) begeisteter, langer Applaus für das sängerisch und spielerisch exzellente Ensemble und dessen ebenso berührende wie unterhaltsame ‚sentimental Journey‘ durch alle Höhen und Tiefen im Leben von erfahrenen Mid-Agern. Ein sommerlich warmherziges Vergnügen!

 

Vorstellungen bis zum 27. Juli, Donnerstag bis Samstag um 19.30 Uhr, sonntags um 15.30 Uhr. Bei gutem Wetter draußen auf der Außenbühne. Ticketreservierungen unter 0228/362839. Weitere Infos unter www.kleinestheater.eu. Gedruckte Programmzettel gibt es auf Englisch und Deutsch.


 
 
 

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